Big Brother im Gefängnis von Maricopa County Arizona

©Stephan Fuchs

journalismus – nachrichten von heute

10-05-2005

 

Die langweiligen und unlustigen Big Brother Container Shows in Europa sind im amerikanischen Gefängnis von Maricopa harte und bittere Realität. Gefangene werden dort rund um die Uhr gefilmt und sind Live im Internet zu sehen. Wer mal Glück hat kriegt sogar den Einsatz eines SWAT Teams in die gemütliche Stube geliefert. Seit 1993 ist Joe Arpaio Sheriff von Maricopa County in Phoenix Arizona; er gilt als der härteste Sheriff in Amerika.

Nachdem Joe Arpaio von 1950 bis 1952 in der US Army gedient hat, arbeitete er als Undercover Agent für die Drug Enforcement Administration DEA, die amerikanische Anti- Drogen Behörde. Der Job brachte ihn unter anderem nach Mexiko, Süd Amerika und in die Türkei um dort Drogen Syndikate zu infiltrieren. Seine DEA Karriere schloss er als DEA Leiter im Staate Arizona ab.

Im Jahre 1992 gewann er die Wahl zum Sheriff von Maricopa County. Er weiss genau was die Öffentlichkeit will: "Die Öffentlichkeit ist mein Boss" pflegt er zu sagen "und als solches will sie sehen was da im Knast geschieht." Nicht nur was im Knast passiert, sondern auch draußen auf der Strasse. Man sieht sie, die schweren Jungs.

Muskelbepackte Oberkörper, eindrückliche Tätowierungen, Menschen die vom Kampf mit der Gesellschaft gezeichnet sind. Das sind die berüchtigten Chain Gangs, aneinandergekettete Sträflinge, die sechs Tage die Woche im Orangen Overall auf der Strasse schuften. Die Gefahr, dass sie mal ausbüxen ist minim. Sie sind von Schützen bewacht, im Zehnerpack aneinandergekettet und sie tragen rosa Unterhosen. Eine sicher peinliche Farbe für Stahlharte Kerle. Die Männer und weltweit nun auch die ersten Frauen Chain Gangs putzen Highways, übermalen Graffiti und beerdigen die Armen der Stadt. Das sehr zum Gefallen der Steuerzahler.

Sheriff Arpaio hat draussen in der Wüste, im Niemandsland, Zeltstädte aufbauen lassen. Über 1200 verurteilte Männer, Frauen und Jugendliche leben in diesen speziellen Zeltlagern für Klienten der normalen bis mittleren Sicherheitsstufe eingekerkert. Nicht etwa lustige Ferienlager. Sie sind von Schützen bewacht und die Lager mit Stacheldraht umzäunt. Die Zeltstadt hat nicht nur bei der Regierung, sondern weltweit Aufmerksamkeit erregt. Die Infrastruktur der Zeltstadt hält die Kosten niedrig und die Gefangenen arbeiten für den Gemeindeunterhalt, das stösst auf positive Reaktionen.

Im Gefängnis selber herrschen strickte Regeln, denn ein Gefängnis ist schließlich kein Country Club meint Arpaio. Es wird nicht geraucht, kein Kaffee getrunken, es werden keine Porno Heftchen gekuckt und getauscht und auch keine Filme angesehen. Die Gefängnisküche ist stolz darauf, landesweit die billigsten Mahlzeiten zu servieren: eine Mahlzeit kostet unter 45 Cent.

Das Madison Street Jail Gefängnis bietet Live Übertragungen aus vier Perspektiven. Die Big Brother Show über das Internet betrachtet der Sheriff als Transparenz Zeugnis und sollte potenziellen Kriminellen zugleich eine abschreckende Botschaft vermitteln. Das ist natürlich Humbug, denn Vergewaltigung und Gewalt unter den Häftlingen oder von sadistischen Wärtern, können auch so durchgeführt werden. Auf insgesamt vier Levels (Stockwerke) sind Zellen für 960 Häftlinge eingerichtet, zurzeit sind es 1500 Inhaftierte der höchsten Sicherheitsstufe, zu zweit in Einzelzellen. Die vier Kameras, über welche die Häftlinge über das Internet weltweit überwachbar sind, decken nicht den ganzen Komplex, es gibt zig tote Ecken, Gänge und Zellen wo die Gewalt und der Interne Kampf um Gunst und Macht weiterhin wüten kann.

Vielmehr animieren die Web- Cams zur voyeuristischen Alternative des Big Brother Programms, unter dem Motto: Lass uns mal die Mörder und Gesellschaftswracks anschauen. Ganz riesig wäre es ja, wenn die SWAT Einheit (Special Weapons and Tactics Team) zum Sturm bläst und die Häftlinge filzt. Drei Versionen einer kürzlich geschehenen Gefängnisrevolte werden im Internet präsentiert. Das ist dann echte Action, die einem keine Big Brother Show bieten kann. Trotzdem verschafft einem die Live Übertragung einmal mehr Grund um über das Fundament des Systems nachzudenken.


© journalismus - nachrichten von heute 2005
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Autors